MOOCs in der Fortbildung von päd. Fachkräften?
MOOCs (Massive Open Online Course), sind seit 2013 in aller Munde. Doch was sind MOOCs eigentlich?
„Der Begriff Massive Open Online Course (auf Deutsch etwa [Allgemein] Offener Massen-Online-Kurs), kurz MOOC, bezeichnet eine spezielle Form von Onlinekursen mit einer theoretisch unbegrenzten Teilnehmerzahl. MOOCs kombinieren traditionelle Formen der Wissensvermittlung wie Videos, Lesematerial und Problemstellungen mit Foren, in denen Lehrende und Lernende miteinander kommunizieren und Gemeinschaften bilden können.“ (Wikipedia)
MOOCs bieten viele Vorteile, aber auch Nachteile. Zudem gibt es keine klaren Richtlinien für die Qualität von MOOCs. Einige Eindrücke zu MOOCs vermittelt das obere Schaubild. Und es zeigt auch, dass alle genannten Punkte mit einem ? versehen sind. Und dies durchaus, weil keine Einigkeit zur Bedeutungszuschreibung der einzelnen Buchstaben besteht.
Arten von MOOCs
xMOOCs gehen ursprünglich auf normale Lehrveranstaltungen zurück, deren Inhalte nachträglich online verfügbar gemacht wurden, bzw. bei denen Zusatzinhalte abrufbar waren. Das x steht für extention und wurde zuerst von der Harvard University verwendet. Nun sind xMOOCs eigene Kurse, deren Fokus jedoch auf dem Inhalt, nicht der Vernetzung der Studierenden liegt. Typische Elemente sind Videos, Quizze, zu lesende Texte und Übungsaufgaben, die im Peer-Review verfahren bewertet werden. Oft werden xMOOCs nicht betreut und der Austausch der Lernenden geschieht über ein Forum. xMOOCs können meist im eigenen Tempo bearbeitet werden, ohne einzuhaltende Fristen.
cMOOCs hingegen haben einen Schwerunkt auf Kommunikation und Vernetzung. Diese Veranstaltungen sind Betreut, es gibt Feedback von den Lehrenden und das gemeinsame Erarbeiten der Lerninhalte steht im Fordergrund. Die Lehrenden setzen in der Kursumgebung Impulse anhand von Videos, Texten oder Beispielen. Oft sind diese cMOOCs stark in soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Google+ eingebunden. Es entstehen lebendige Diskussionen um das Thema. Das c stammt hier vom englischen Wort Connectivism (Konnektivismus), einer Lerntheorie, die auf den kanadier George Siemens zurückzuführen ist.
MOOC Plattformen
Es folgt eine Auflistung verschiedener MOOC-Plattformen, auf denen Kurse angeboten werden. Die meisten Plattformen bieten MOOCs in Englisch an, damit weltweit möglichst viele Lerninteressierte angesprochen werden. Zu jeder Plattform folgt eine kurze beschreibung sowie die Nennung von möglichen interessanten Veranstaltungen für den Bildungsbereich.
https://www.udacity.com/
Udacity geht auf ein Experiment der Stanford University zurück. Der Kurs „Introduction to Artificial Intelligence“ wurde kostenlos online angeboten. 160.000 Lernende aus 190 Ländern meldeten sich an. Ein riesiger Erfolg. Die Plattform vermittelt Wissen über neue Technologien, moderne Mathematik, Wissenschaft und kritisches Denken auf einem Universitären Level.
https://openhpi.de
OpenHPI ist die MOOC-Plattform des Hasso-Plattner-Institutes. Die Kurse sind teilweise auf Deutsch verfügbar. Angesprochen werden besonders Interessierte an Grundlagen der Informationstechnologie, sowie ein Fachpublikum im Bereich Informatik-Forschung.
https://www.canvas.net
Canvas Network ist eine kleine Plattform, auf der Lehrende und Institutionen Kurse anbieten können. Die Kurse sind thematisch sehr gemischt, eine gezielte Suche ist leider nicht möglich. Alle Kurse werden ausschließlich in Englisch angeboten.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Statistics in Education for mere Mortals“ könnte für alle Interessant sein, die sich mit den Grundlagen der Statistik auseinander setzen wollen. Er startet am 8. Juli 2014.
„5 Habits of Highly Creative Teachers“ rückt die Nutzung der eigenen Kreativität in den Mittelpunkt. Bestimmt nicht nur für Lehrende interessant. Dieser Kurs startet am 2. Juni 2014
http://www.opencourseworld.de
OpenCourseWorld ist ein Angebot der IMC AG für kostenfreie MOOCs. Diese Plattform bietet Kurse in Deutsch und Englisch an. xMOOCs zum Selbststudium und cMOOCs mit Betreuung werden angeboten. Die Plattform ist noch sehr klein.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Medienkompetenz für Lehrkräfte“ Auch hier der Einwand, dass dies gewiss nicht nur für Lehrende interessant ist. Für diesen cMOOC gibt es noch kein Startdatum
„How to create E-Learning Content“ Dieser Kurs kann im Selbststudium jederzeit absolviert werden.
https://www.edx.org/
edX ist die MOOC-Plattform von der Harvard University und dem MIT. Es findet sich ein relativ kleines, gemischtes Kursangebot, auf Universitärem Niveau, bevorzugt in Englisch.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Positive Behavior Support for Young Children“ Der Kurs vermittelt die Grundlagen zum Aufbau einer sozial-emotionalen Beziehung in der Arbeit mit Kindern. Dieser Kurs befindet sich noch in der Testphase, es kann kein Zertifikat erworben werden.
„Leaders of Learning“ startet im 3. Quartal 2014. Dieser Kurs befasst sich mit den verschiedenen Lern- und Führungstheorien.
https://www.open2study.com/
Open2Study ist das MOOC-Angebot der OpenUniversitiesAustralia. Das Niveau der Kurse ist sehr unterschiedlich, jedoch leichter verständlich als auf anderen Universitären Plattformen. Neben den kostenlosen Kursen werden auch kostenpflichtige angeboten. Die Plattform bietet eine mittelgroße Kursauswahl zu verschiedenen Themenbereichen.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Early Childhood Education“ beschäftigt sich mit Kindern im Alter von 0 bis 5 Jahren, ihrer Entwicklung, ihrem Sein und ihren Bedürfnissen.
„Writing for the Web“ stellt die Besonderheiten des Schreibens für Webpublikationen wie z.B. Blogs in den Lernmittelpunkt.
Beide Kurse starten am 2. Juni 2014.
https://iversity.org/
Iversity ist eine Plattform aus Österreich, die ähnlich wie Canvas.net Institutionen und Lehrenden die Möglichkeit gibt ihre MOOCs dort anzubieten. Es gibt eine überschaubare Auswahl an Kursen (in Deutsch und Englisch) und befindet sich noch im Aufbau. Die meisten MOOCs sind gerade abgeschlossen, aber als xMOOC noch verfügbar.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Meine Schule transformieren – Ein Reiseführer“ beschäftigt sich mit der Vision der Änderung der Schule hin zu einer Kultur der Potenzialentfaltung.
„Gamification Design“ informiert über Gamification, die Gestaltung sowie die Umsetzung von Gamification.
http://imoox.at/
iMooX ist die Projektplattform der Technischen Universität Graz und der Universität Graz. Bis 2015 soll hier eine MOOC-Plattform entstehen. Angeboten werden cMOOCs, welche nach Beendigung des Kurses noch als xMOOC verfügbar bleiben.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Gratis Online Lernen“ Ein Kurs der sich damit beschäftigt wie und wo man am besten im Web lernt. Er startet am 20. Oktober 2014.
„Soziale Medien und Schule: für wen, wieso, wozu?“ nimmt die Einbindung sozialer Medien in den Schulunterricht genauer unter die Lupe. Er startet am 6. Oktober 2014.“Lernen im Netz: Vom Möglichen und Unmachbaren“ ist als cMOOC verfügbar. Dieser Kurs beschäftigt sich mit den Aktuellen Trends des Themas Lernen z.B. in Bezug auf mobile Endgeräte.
https://www.coursera.org/
Coursera ist die größte MOOC-Plattform. Auf ihr werden über 400 Kurse von veschiedenen Institutionen wie Universitäten und Organisationen angeboten. Die bevorzugte Sprache ist Englisch.
Folgende Kurse könnten für Bildungsinteressierte ansprechend sein:
„Foundations of Virtual Instruction“ beschäftigt sich u.a. mit der Geschichte des virtuellen Bildens, dem Technologieeinsatz, virtuellen Lernumgebungen sowie Zukunftsperspektiven. Der Kurs startet am 30. Juni 2014.
„E-Learning Ecologies“ beschäftigt sich mit den Dimensionen des E-Learning. Der Kurs startet am 30. Juni 2014.
„Assessment and Teaching for 21st Century Skills“ beschäftigt sich mit veränderten Lernansprüchen, Fähigkeiten und
Lernprozessen, die im 21. JAhrhundert benötigt werden. Der Kurs startet am 30. Juni 2014.
„Learning to Teach Online“ richtet sich an alle am Thema E-Teaching interessierten Personen. Vermittelt werden u.a. Planung, Gestaltung und Umsetzung von Lernumgebungen. Der Kurs startet im Juli 2014.
„Introduction to Communication Science“ vermittelt Grundlagen der Kommunikationswissenschaft und ist dadurch interdisziplinär von Interesse. Der Kurs startet am 2. Juli 2014.
„First Year Teaching“ beschäftigt sich mit dem Start in die Lehrerpraxis in der Grundschule. Der Kurs startet am 21. Juli 2014.
„The Clinical Psychology of Children and Young People“ beschäftigt sich mit psychologischen Modellen, der Praxis und Diskussionen zum Thema. Der Kurs startet am 28. Juli 2014.
„What Future for Education“ richtet sich an alle, die sich mit dem Lernen und dem Wandel des Lernens näher beschäftigen wollen. Der Kurs startet im September 2014.
„Video Games and Learning“ Dass Spiele mehr sind als purer ZEitvertreib zegt dieser Kurs indem er Kapitel für Kapitel die Dynamik des Lernens durch Spiele aufzeigt. Der Kurs beginnt am 3. Oktober 2014.
„Big Data in Education“ ist ein Kurs für Freunde der Statistik, die sich mit dem Nutzen von Big Data im Bildungszusammenhang auseinandersetzen möchten. Der Kurs startet am 24. Oktober 2014.
„Blended Learning: Personalizing Education for Students“ beschäftigt sich mit den Definitionen von Blended-Learning und den Einsatzmöglichkeiten. Ein Starttermin wurde noch nicht veröffentlicht.
MOOCs in der Fortbildung von pädagogischen Fachkräften?
Die obige Auswahl stellt nur einen kleinen Teil der verfügbaren MOOCs dar, und doch wird ersichtlich, dass es ein breites Spektrum an Fortbildungsmöglichkeiten gibt. Fortbildungsmöglichkeiten, die keine Fortbildungstage kosten, örtlich und zeitlich unabhängig sind und nicht von der Arbeit vernhalten. Diese Fortbildungen können in der Freizeit absolviert werden. Das klingt alles gut? Aber muss es nicht auch kritisch gesehen werden?
Wenn Fortbildungen zukünftig privat passieren und nicht mehr in die Arbeitszeit fallen, bedeutet dies nicht eine Mehrbelastung? Wird die Fortbildung ein privatisiertes, also persönliches Gut? Oder kann man als Ausgleich eines 8 Wöchigen Onlinekurses vielleicht zukünftig Fortbildungstage vom Arbeitgeber fordern, wenn die Teilnahmebescheinigung vorliegt? Und werden die Kurse überhaupt als Qualifizierungen anerkannt? Andererseits… wer kontrolliert die Qualität der offline angebotenen Fortbildungsmöglichkeiten? Wer sagt, dass man von einem Online-Kurs auf Universitätsniveau nicht mehr profitieren kann, als von einer mittelmäßigen offline Fortbildung?
Dies sind nur einige grobe Überlegungen im Bezug auf das Thema Fortbildung mit MOOCs. Persönlich finde ich die Möglichkeit MOOCs zu nutzen um sich fachlich weiterzubilden toll. Warum? Weil Themen behandelt werden die nur schwer offline zu vermitteln sind, oder für die kaum gewöhnliche Fortbildungen angeboten werden. Auch wird in MOOCs nicht durch die Profession unterschieden. Als Erzieherin kann ich Fortbildungen für Lehrer, Wissenschaftler o.a. belegen ohne mir fehl am Platz vorzukommen. Jeder nimmt das mit, was für ihn in der Praxis relevant ist.
Falls Sie das Thema MOOC interessiert, lohnt ein Besuch der verschiedenen Plattformen. Bisher habe ich selbst drei Kurse auf unterschiedlichen Plattformen belegt und fand es immer eine bereichernde, wenn auch nicht immer positive, Erfahrung. Auch Kritikern möchte ich das Absolvieren eines Kurses nahe legen, da persönliche Erfahrungen eine andere Perspektive ermöglichen.
Was bedeutet dies für den Elementarbereich?
Die Fortbildungsmöglichkeiten für päd. Fachpersonal in Kindertagesstätten sind durch MOOCs leider noch sehr begrenzt. Einzig die Kurse „Positive Behavior Support for YoungChildren„, „Early Childhood Education“ und „The Clinical Psychology of Children and Young People“ beschäftigen sich mit der Zielgruppe. Für Lerher sieht die Situation bedeutend besser aus. Die Frage bleibt jedoch, warum der Elementarbereich dermaßen unterrepräsentiert ist. Immerhin gibt es über 467.000 ErzieherInnen und KinderpflegerInnen in Deutschland.
2 Kommentare
Hallo Jacqueline,
danke für deinen tollen Überblick. Ich stell mal ein paar Fragen ergänzend dazu und geb auch ein paar Antworten.
Wer bezahlt eigentlich dafür?
Warum bieten amerikanische Hochschulen MOOCs ganz für umsonst an und nehmen sonst von jedem Studierenden ~10.000 Dollar pro Semester? Ist das eine Marketingveranstaltung oder wird woanders Geld genommen? Man kann da verschiedene Strategien sehen: das Zertifikat über die Teilnahme am Ende kostet Geld oder die Daten der Nutzer werden an Personalvermittler weitergegeben. Im Kleingedruckten von einem dt. Anbieter stand vor einiger Zeit, dass man die urheberrechtlichen Nutzungsrechte aller Beiträge der Teilnehmer unentgeltlich für sich in Anspruch nimmt.
Die Umsonst-Mentalität hat hier also ein paar Haken. Wenn ich qualifizierte Dozenten suche – finde ich – müssen die auch irgendwie für ihren Aufwand bezahlt werden. Aber wer tut das? Ok, die meisten sind angestellt/verbeamtet bei ihren Hochschulen. Aber welches Interesse hat die Hochschule XXY daran, dass Prof ABC nun für umsonst lehrt.
Wenn die Teilnahme an einem MOOC im Interesse des Arbeitsplatzes ist, sollte dies auch offiziell als Fortbildung gemeldet und mit einer Freistellung einhergehen. Bei MOOCs, aber auch bei anderen eLearning Angeboten ist der Zeitaufwand nur scher zu benennen. Man wird also ein wenig verhandeln müssen und zu einer individuellen Festlegung kommen.
Aktuell gibt es übrigens einen deutschsprachigen MOOC in den man mal reinschnuppern kann: http://hanse-mooc.de. Nicht medien-/pädagogisch ausgerichtet, aber die Geschichte der Hanse ist sicher auch mal interessant.
Ralf Hilgenstock
Hallo Ralf,
danke für deinen tollen Kommentar!
Deine Fragen und Antworten machen richtig Lust das Thema weiter zu diskutieren. Aus diesem Grund habe ich bei argumentia.de ein MOOC-Diskussionsthema gestartet. Ich würde mich freuen wenn du dich an er Diskussion beteiligst und den Link vielleicht mit anderen Interessierten teilen würdest.
Liebe Grüße
Jacqueline Bier